Mehr Markt sorgt für weniger Armut

Es tut mir ja leid, dass ich schon wieder über diese durchgeknallte Splitterpartei schreiben muss, aber es geht gerade nicht anders: soeben lese ich, dass der so genannte FDP-Parteirebell Frank Schäffler (wer zum Teufel ist das eigentlich?) und seine Plattform „Liberaler Aufbruch“ (die scheint ideologietechnisch das Pendant zur „Kommunistischen Plattform“ der Linken zu sein, nur hirnloser) einen eigenen Entwurf für die Debatte über das neue Grundsatzprogramm der Liberalen vorgelegt haben. Wie der Focus berichtet, verbreitet die Gruppe ein Positionspapier mit dem originellen Titel „Mehr Mut zu Recht und Freiheit„. Darin stehen nicht weniger originelle Rebellenweisheiten wie etwa, dass Armut „nicht Folge von Marktwirtschaft, sondern der Abwesenheit von Marktwirtschaft“ sei.

Potzdonner, der Markt, der wird es richten! Wie kann die Armut nur so unverschämt sein, sich vom Markt nicht beeindrucken zu lassen, sondern sich immer weiter auszubreiten?! Das muss ja wohl daran liegen, dass es noch immer nicht genug Markt gibt. Wenn jetzt noch die ganzen dringend benötigten Fachkräfte aus ihren Löchern kriechen, dann kommt auch der Arbeitsmarkt endlich wieder in Schwung! Wo doch die FDP mit den 11.000 wackeren Schlecker-Frauen, die dringend einen neuen Job suchen, gerade erst für eine ordentliche Marktbelebung gesorgt hat!

Der „Liberale Aufbruch“ (klingt ein bisschen altbacken) will nach Informationen des Focus Volksentscheide in Verfassungsfragen zur Pflicht machen. Für die Gruppe ist nationale Selbstbestimmung „wichtiger als Mitbestimmung“. Aber was soll das eigentlich heißen? Bestimmt beim nationalen Selbst nicht auch immer irgendwer mit? Mir ist internationale Solidarität lieber als nationaler Egoismus, aber so sindse, die Liberalen. Globaler Kapitalismus geht schon in Ordnung, aber nur, wenn jeder an sich selbst denkt.

Originell sind auch die tiefsinnigen Analysen der Gruppe zum Gesundheitswesen: Das Prinzip, Kassenbeiträge ans Einkommen zu koppeln, sei „ein Überbleibsel marxistischer Umverteilungspolitik“. Das ist echt der Knaller: Als ob Karl Marx an der Zwangversicherung für die Arbeiter, die mit einem Teil ihres Lohnes gefälligst für die Erhaltung ihrer Verwendungsfähigkeit für die Zwecke des Kapitals sorgen sollen, auch nur ein gutes Haar gelassen hätte! Was von den Sozialdemokraten als wohlmeinendes Solidarprinzip verkauft wurde, ist ja nichts als eine weitere Enteignung der abhängig Beschäftigten zu ihrem eigenen Besten. Wer für sich selbst sorgen kann, ist ohnehin davon befreit. Die FDP dagegen will auch im Gesundheitsbereich einfach ein Preisschild draufkleben und den Markt walten lassen.

Eine Gesundheitsversicherung soll dann eben wie ein Auto oder wie eine Waschmaschine einen Betrag X kosten – was für eine eigenartige Idee, dass Leute, die weniger Geld haben, für ein Auto, für eine Waschmaschine oder auch für ihre Krankenversicherung weniger zahlen sollten, als diejenigen die mehr Geld haben! So geht doch kein Markt. Wer sich die Krankenversicherung nicht leisten kann, ist halt kein würdiger Marktteilnehmer – das Problem regelt sich über ein paar Generationen von ganz allein. Dann sind nur noch diejenigen übrig, die sich die Krankenversicherung leisten können! Das ist mal liberale Politik mit Weitblick! Damit hat sich dann auch diese elende Altersarmut erledigt. Insofern stimmt es tatsächlich: Mehr Markt sorgt für weniger Armut. Darwin lässt grüßen.

Über modesty

Akademisch gebildetes Prekariat. Zeittypische Karriere: anspruchsvolle Ausbildung, langwieriger Berufseinstieg, derzeit anstrengender, aber schlecht bezahlter Job mit unsicherer Perspektive. Vielseitige Interessen, Literatur, Film, Medien, Wissenschaft, Politik, Geschichte, Gesellschaft, Zeitgeschehen. Hält diese Welt keineswegs für die beste aller möglichen, hofft aber, dass sie besser werden kann. Möchte gern im Rahmen der bescheidenen Möglichkeiten dazu beitragen.
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8 Antworten zu Mehr Markt sorgt für weniger Armut

  1. Eric schreibt:

    Zitat: Globaler Kapitalismus geht schon in Ordnung, aber nur, wenn jeder an sich selbst denkt.

    Sry, aber du verstehst kein bisschen von Ökonomie, geschweige denn von den Forderungen Schäfflers.

    Der Kapitalismus ist die natürlichste Ordnung der Dinge und vollkommen dogmenfrei im Gegensatz zum Sozialismus. In sozialistischen Systemen (dazu zähle ich auch unsere soziale Marktwirtschaft) mit einer planwirtschaftlichen Zentralstelle herrscht immer Mangelwirtschaft, man denke nur an die Warteschlangen in der DDR oder an unser heutiges Gesundheitssystem.
    Das liegt daran, dass eine zentrale Planstelle nie den richtigen Preis von Gütern kennen kann. Beispiel DDR:Dort orientierte man sich an den realen Preisen der BRD. Das Gleiche gilt für die jetzige Krise: Die Zentralbanken legen Menge und den Preis (=Zins) des Geldes fest, obwohl sie den wahren Preis/Menge gar nicht kennen können. Unglücklicherweise schiebt man diese Probleme den Märkten und dem Kapitalismus zu, obwohl die wirkliche Ursache in der monetären Planwirtschaft durch die Zentralbanken liegt.

    Sozialismus führt in letzter Konsequenz immer zur Abschaffung individueller Freiheit und endet schlimmstenfalls in den Konzentrationslagern der Nazis und Sowjets. Demokratie geht nur mit freier Marktwirtschaft und – so hart es klingt: Sozialismus ist ein Irrweg, der traurigerweise fast alle Menschen verfallen sind. Um es mit den Worten Roland Baaders zu sagen: Sozialismus ist Tod.

    Im Kapitalismus denkt nicht jeder an sich selbst. Menschen wie ich und Frank Schäffler sind davon überzeugt, dass Solidarität und Mitgefühl für Mitmenschen nur im Kleinen umgesetzt werden kann, getreu dem christlichen Prinzip der Nächstenliebe. Im Großen kann es nicht funktionieren, schon aus mathematischen Gründen. In einer freien Marktwirtschaft gibt es keine Arbeitslosigkeit, die Preise sinken, der Wohlstand steigt. Jeder hätte genug zum Leben. Wer trotzdem Probleme hat, dem würde aus „Nächstenliebe“ geholfen.

    Das Links-Rechts-Schema in unserer Parteienlandschaft ist nur Makulatur. In der Realität haben wir nur zwei Alternativen: Mehr Staat oder weniger Staat. Schon Tocqueville beschrieb diesen Konflikt zwischen Freiheit (Kapitalismus) und Gleichheit (Sozialismus).

    Ich war früher selbst sozialdemokratisch eingestellt, ich kenne also beide Ansichten. Ich kann nur jedem empfehlen, beide Seiten vorurteilsfrei zu betrachten. Das Problem ist nun mal, dass in den Schulen sozialistische Ideen ausführlich unterrichtet werden, aber freiheitliche Denkschulen nicht näher erläutert werden. Warum auch, jeder Staat möchte schließlich Macht und keinen Bürger, der seine Freiheit einfordert.

    Schäffler und der „Liberale Aufbruch“ vertreten andere Forderungen als der Rest der FDP, die längst wie alle etablierten Parteien zu einer sozialdemokratischen Partei geworden ist. Wer sich nur oberflächlich mit den Symptomen auseinandersetzt, wird nie die Ursache einer Krankheit verstehen. Und dann kommt man zu obigen Ergebnissen.

    Wie schon einer der größten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, Friedrich August von Hayek, sagte:
    „Und der vorherrschende Glaube an »soziale Gerechtigkeit« ist gegenwärtig wahrscheinlich die schwerste Bedrohung der meisten anderen Werte einer freien Zivilisation.“

  2. modesty schreibt:

    Sorry, aber allein die Behauptung, dass der Kapitalismus die natürlichste Ordnung der Dinge sei, ist reine Ideologie. Die Natur kennt keinen Kapitalismus – der ist zu hundert Prozent von Menschen gemacht. Und deshalb wird er auch nie vernünftig funktionieren – er ist mindestens so störanfällig und unvollkommen wie der Sozialismus.

    Übelste Demagogie ist auch die Gleichsetzung von Faschismus, Stalinismus und Sozialismus. Faschismus ist eine unschöne Spielart des Kapitalismus – bewiesenermaßen funktioniert Kapitalismus auch unter totalitären Regimes ganz hervorragend – Krupp und Konsorten haben mit Hilfe der Nazis (fette Rüstungsaufträge, bevorzugte Zuteilung von Rohstoffen, Zwangsarbeiter usw.) glänzende Geschäfte gemacht. An Rüstung, Krieg und so weiter verdienen sich Kapitalisten in aller Welt noch immer eine goldene Nase – Geschäft ist Geschäft. Das ist nämlich der eigentliche Inhalt des Begriffs „Freiheit“ – die Freiheit, aus allem und mit jedem ein Geschäft machen zu können. Die einen haben die Freiheit, sich für einen Hungerlohn verkaufen zu müssen, die anderen die Freiheit, an der Not der anderen zu verdienen. Fressen und gefressen werden – das ist Freiheit. Und damit das nicht ganz so blutig endet und auch morgen noch billige Arbeitskräfte und willige Konsumenten bereit stehen, überlässt man die Opfer des freien Marktes der christlichen Nächstenliebe – praktisch, dass wenigstens Jesus Christus genug Mathematik beherrscht, um die Probleme des Kapitalismus zu beheben!

    Übrigens ist die Behauptung, dass es in einer freien Marktwirtschaft keine Arbeitslosigkeit geben würde, schon mathematisch reiner Schwachsinn. Wenn die Preise sinken, kann der Wohlstand nicht steigen. Wenn die Arbeit so billig wird, dass sich die Arbeiter nicht mehr von ihrer Arbeit ernähren können, sinkt der Wohlstand, zumindest für die meisten. Und: Wer soll das ganze Zeug konsumieren, was mit der ach so billigen Arbeit produziert wird? Angebot und Nachfrage harmonieren eben nicht so wunderbar, wie in den Lehrbüchern behauptet wird. Sogar renommierte Wirtschaftswissenschaftler geben mittlerweile zu, dass ihre gängigen Modelle nichts mit der Realität zu tun haben. Menschen müssen trotzdem irgendwie leben, selbst wenn sie gerade nicht nachgefragt werden. Das ist Biologie und nicht Mathematik. Davon weiß ich genug, um sagen zu können, dass eure Vorstellung von Ökonomie in der Realität nie funktionieren wird, jedenfalls nicht besser als es jetzt der Fall ist. Die monetäre Planwirtschaft durch die Zentralbanken spielt aber keine allzu große Rolle dabei – das Problem ist das Monetäre an sich. Geld kann man nicht essen. Wer kein Geld hat, kann aber auch nicht essen. Verrückt!

    Zu deiner Beruhigung: Sozialdemokratischem Gedankengut stehe ich extrem kritisch gegenüber.

  3. Eric schreibt:

    Sry für meinen harschen Ton, ich dachte, dass da mal wieder das übliche Schäffler-Bashing von einem Systemspieler betrieben wird.

    Jetzt zur Diskussion: Ich glaube, wir reden beim Kapitalismus von zwei unterschiedlichen Dingen. Mal wieder typisch für die allgemein vorherrschende Orwellsche Sprachverdrehung, die ich auch in meinem Blog beschreibe. Ich zitiere mal den Wikipediaeintrag von Kapitalismus:
    „Allgemein begreift man Kapitalismus als eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt beruht.“
    Ganz einfach ausgedrückt: Beim Kapitalismus versammeln sich Menschen auf einem Markt, um miteinander zu handeln. Und genau das kann man seit Beginn der modernen Zivilisationen beobachten. Schon die Sumerer, die erste Hochkultur, betrieben vor über 5000 Jahren Handel. Was ist daran also nicht natürlich? Du verwechselst Kapitalismus mit Korporatismus. Dieser Fehlschluss geht auf Marx zurück und wurde seither gezielt in die politische Debatte eingebracht, um die Diskussion einzuschränken und zu verengen. Übrigens, Mussolini bezeichnete genau das, nämlich die „Verschmelzung von Grosskapital und Staat“, als Faschismus.

    Damit wären wir direkt beim zweiten Thema: Du behauptest, Faschismus wäre eine Form des Kapitalismus. Du hast Recht, wenn du mit Kapitalismus den Korporatismus meinst. In der Realität ist Faschismus nur eine Sonderform des Kommunismus, genauso wie der Sozialismus nur eine Vorform des Kommunismus ist. Ich setze die Begriffe keinesfalls gleich.
    Faschismus und Kommunismus haben nur die gleichen Konsequenzen für die Menschen, nämlich den Verlust von Freiheit und im schlimmsten Fall den Tod in Gulags oder den KZ’s. Uns wird zwar immer erzählt, Faschismus ist rechts und Sozialismus/Kommunismus links – das ist aber totaler Unsinn, wie ich schon in meinem ersten Post erklärte. Es sind zwei Seiten ein und derselben totalitären Medaille.
    Man kann darum, wie ich bereits geschrieben habe, nur zwischen mehr oder weniger Staat, also zwischen Freiheit und Gleichheit unterscheiden.
    Die Nationalsozialisten wurden nicht ohne Grund so bezeichnet, genauso waren Hitler und Mussolini nicht einfach nur zum Spaß Kommunisten, bevor sie zum so „andersartigen“ Faschismus wechselten.

    Zur Arbeitslosigkeit: Die jetzige Arbeitslosigkeit ist zum großen Teil das Ergebnis von Staatsinterventionen (z. B. Mindestlöhnen, in der BRD wäre das Hartz 4) und den Gewerkschaften, die ein Angebotskartell für den Faktor Arbeit darstellen. Es lässt sich aber zeigen, dass der Staat Wohlfahrt vernichtet, die nicht wieder hergestellt werden kann. Wettbewerb ist immer noch das beste Prinzip, um die Preise zu senken und die Leistungen zu erhöhen. Überall dort, wo es diesen nicht gibt, entstehen die Probleme. Man werfe nur einen Blick auf unser Gesundheits-, Bildungs- oder Parteiensystem. Genauso das Energiekartell (RWE, Vattenfall, EnBW und Eon) oder die Mineralölkonzerne in Deutschland. Überhaupt alle Großkonzerne wollen keinen Wettbewerb, warum sonst kommen in Berlin sieben Lobbyisten auf einen Abgeordneten.
    In einer freien Marktwirtchaft sinken die Preise, die Nettolöhne steigen bei sinkender Steuerbelastung und die Leistungen werden durch Wettbewerb effizienter. Jeder könnte locker das doppelte bis dreifache verdienen. Wenn wir dann noch preisstabiles Geld hätten, würde die Masse der Bevölkerung nicht unwissentlich enteignet. Das geht aber nur mit Wettbewerb bei der Geldschöpfung…

    • modesty schreibt:

      Nein, ich betreibe hier nur allgemeines Liberalen-Bashing.

      Jetzt zur Diskussion: Ich verwechsle hier gar nichts – schon gar nicht den Austausch von Dingen durch Handel und Kapitalismus. Kapitalismus beruht darauf, dass man Geld zu Kapital macht, um damit noch mehr Geld zu verdienen. Gehandelt wurde in der Tat schon lange vor dem Kapitalismus – aber zu einem anderen Zweck. Die Leute handelten, um an Dinge zu kommen, die sie nicht selbst herstellen konnten oder die es in ihrer Gegend nicht gab. Im Mittelalter wurde viel gehandelt, Kapitalismus war aber verpönt – Zinsen zu nehmen oder mehr zu produzieren, als benötigt wurde, galt als Sünde und war gesellschaftlich nicht akzeptiert. Insofern war für diese Leute so „natürlich“, den Kapitalismus abzulehnen, wie er heute akzeptiert wird. Mit Natur hat beides nichts zu tun, sondern mit gesellschaftlichen Konventionen. Oder orwellsch ausgedrückt: Mit Gehirnwäsche.

      Schon gar nicht verwechsele ich Kapitalismus mit Korporatismus – das ist nämlich dasselbe. Nur dass im so genannten Korporatismus sämtliche Akteure so freundlich sind, sich als Dienstleister am Kapital zu verstehen, in dem sie Interessenverbände bilden, die sämtlich den Zweck haben, einen offenen Klassenkampf zu vermeiden und die vorhandenen Konflikte anders beizulegen, damit die Kapitalisten weiter Geld verdienen können, an das diejenigen, die es erarbeiten müssen, möglichst nicht heran kommen sollen. Lustig, dass ausgerechnet die Liberalen immer wieder auf den Korporatismus schimpfen, wo er ihnen doch so gute Dienste leistet. Mir persönlich wäre der offene Klassenkampf inzwischen auch lieber, dann würden die Leute vielleicht kapieren, um welche Interessen es bei der Veranstaltung Kapitalismus eigentlich geht. Das sind nämlich nicht die der arbeitenden Menschen, sondern die der Kapitalisten – die dank des geltenden Rechts auf Privateigentum nicht mehr selbst dafür arbeiten müssen.

      Interessant finde ich deine Orwellsche Denkübung: Kapitalismus in der „Sonderform“ Korporatismus sei einerseits Faschismus, in der Realität aber doch eine Sonderform des Kommunismus. Das ist Doppeldenk in Reinkultur! Der finale Schluss lautet dann logischerweise „Kapitalismus ist gleich Kommunismus“. Dabei haben wir von Douglas Adams doch gelernt, dass es gefährlich ist, zu beweisen, dass schwarz weiß ist, weil man dann auf einem Zebrastreifen zu Tode kommen kann. Wobei – totalitär ist der Kapitalismus schon. Wie unbarmherzig die Interessen des Kapitals durchgesetzt werden, sieht man auf der ganzen Welt, wenn man Augen im Kopf hat. Etwa an der Freiheit des Foxconn-Arbeiters, der sich ja vom Dach stürzen kann, wenn ihm seine 80-Stunden-Woche nicht mehr passt. Oder dem griechischen Rentner, der sich die Kugel gibt. Sind doch alles freie Menschen!

      Ansonsten bestreite ich nachdrücklich, dass Kapitalismus und Kommunismus das gleiche seien. Und Hitler ist niemals Kommunist gewesen. Zur Erinnerung: Hitler war der, der Kommunisten im KZ hat ermorden lassen. Ein Nationalist, ein Rassist wie Hitler kann schon deshalb kein Kommunist sein, weil ein Ziel des Kommunismus die Überwindung des Nationalstaats ist. Der Kommunist erkennt und bekämpft Klassengegensätze, aber nicht Rassengegensätze. Das ist ein entscheidender Unterschied, der weder dem Nazi, noch dem bekennenden Staatsbürger behagt. Dass Hitler und auch Mussolini sich von sozialistischen Gedanken haben inspirieren lassen, will ich gar nicht in Abrede stellen – die Volksgemeinschaft war wichtig (für den Kommunist wäre das aber die internationale Solidarität), für die Leute wurde gesorgt, um sie in Stimmung zu bringen. Aber nie mit dem Ziel, dass die Arbeiterklasse die Macht der Kapitalistenklasse bricht oder gar das Privateigentum abgeschafft würde – ja, ich weiß, dieses Totalitarismus-Dogma ist allgegenwärtig, aber es ist falsch. Und jetzt komm nicht wieder mit Stalin an, der hat zwar die Sowjetunion gegen Faschisten, Kapitalisten und Imperialisten aus aller Welt verteidigt, was schon eine Leistung ist. Aber den Kommunismus hat er nicht voran gebracht. Im Gegenteil, er hat eine Menge engagierter Kommunisten auf dem Gewissen.

      Deine Thesen zur Arbeitslosigkeit und Wettbewerb verstehe ich noch immer nicht: Wenn es denn so wäre, dass in der freien Marktwirtschaft die Preise sinken und die Nettolöhne steigen, warum wäre es dann ein Problem, einen Mindestlohn zu haben? Die Leute verdienen angeblich doch ohnehin mehr als jetzt! Und zur Sicherheit könnte man dann doch eine Untergrenze ziehen… aber mir ist schon bewusst, dass ein Ökonom die Vorstellung, dass die Leute von ihrem Lohn auch leben wollen, befremdlich findet, weil das in seiner Kostenrechnung nicht vor kommt. Die Leute sollen halt möglichst billig arbeiten und das Maul halten. Deshalb wollt ihr Liberalen ja auch keine staatliche Unterstützung: Die Leute sollen froh sein, für einen Teller Suppe noch den ganzen Tag den Besen schwingen zu dürfen. Sie sollen sich lieber mit dem Hohelied der Freiheit auf den Lippen die Knochen aus dem Leib schuften, als mit Undank in der sozialen Hängematte zu schaukeln – vom ökonomischen Standpunkt völlig nachvollziehbar. Aber Ökonomie ist eben nicht alles. Und deshalb ist der Kapitalismus auch nicht das letzte Kapitel in der Menschheitsgeschichte – hoffentlich.

  4. Tabul A. Raza schreibt:

    Mensch, Modesty, ich beneide Dich um diesen Eric. Hab mich selten in einem Blog so vor Lachen gekringelt wie bei diesem Kommentar. Da ist wirklich jeder einzelne Satz ein Gag.
    Oder wollte Eric gar nicht belustigen, sondern nur an die fatalen Folgen eines Rechts auf freie Meinungsäußerung für alle erinnern? Egal. Viel Spaß jedenfalls beim Beantworten!

    Ach ja, eins noch an Eric: „Sry“. (LOL)

  5. Eric schreibt:

    @Tabul A. Raza: Schön, dass du auch mir Meinungsfreiheit zugestehst. Zur Meinungsfreiheit gehört aber auch der Respekt vor der anderen Meinung und den finde ich bei dir nicht.

    Zurück zum Thema: Um eins klarzustellen – In der Analyse des Geldsystems mit dem Zinsproblem etc. stimme ich mit dir vollkommen überein. Unser jetziges System ist Betrug, auch wenn ein Großteil der Menschen dies leider nicht verstanden hat. Ich will das System auch keineswegs gutheißen, wie du vielleicht annehmen würdest. Und ich bin auch kein Liberaler, genausowenig wie die FDP seit den Freiburger Thesen von 1971 auch keine liberale Partei mehr ist. Ich gehe bei der Lösung nur in die gleiche Richtung wie Schäffler.

    Noch mal zu deinem Beitrag: Du verfällst dem allgemeinen Neusprech, dass leider in letzter Zeit um sich greift. Kapitalismus ist nicht (!) gleich Korporatismus. Wenn das nicht endlich mehr Menschen verstehen, sehe ich schwarz für die Zukunft. Ich sage auch nicht, beide Ideologien sind gleich, auch wenn du u.a. das immer wieder in meine Posts reininterpretierst. Damit kann ich logischerweise gar nicht in Doppeldenk verfallen.
    Ich sage nur, dass Korporatismus und Kommunismus zwei Seiten der gleichen Medaille sind – das alles hier nochmal auszuführen, würde den Rahmen sprengen. Ich habe versucht, es kurz in den beiden vorherigen Posts zu erklären.

    Trotzdem – glaube ich – war meine Zeit nicht verschwendet, immerhin war es dir einen kompletten Blogpost wert, noch einmal auf das Thema Freiheit einzugehen. Kurz zu dem Post: Freiheit ist gegenwärtig in keinster Weise verwirklicht. Du schreibst selbst, das Privateigentum ein wichtiges Recht ist, dass deiner Meinung nach momentan geschützt werden würde. Dann frage ich dich: Mit welchem Recht streicht der Staat ca. 70 Prozent eines Einkommens über direkte und indirekte Steuern ein? Diese Enteignung geschieht unter Zwang und verletzt das Recht auf Eigentum, welches ich als Menschenrecht ansehe. Darum sollte es nur so gering wie möglich geschehen. Das ist einer der Gründe, warum weite Teile der Bevölkerung verarmen.

    Und wer profitiert davon? Es ist nicht die arbeitende Bevölkerung (bei Marx die „Arbeiter“) oder die Arbeitslosen. Es sind die Menschen mit großem Geldvermögen, bei denen sich immer mehr Kapital ansammelt. Die Ursache ist Korporatismus, freie Märkte wären eine Lösung. Und bevor du jetzt wieder eines deiner Ausbeutungsbeispiele nennst: Heute gibt es natürlich keineswegs freie Märkte, die kann es schließlich im Korporatismus gar nicht geben. Und du gibst ja selbst zu, dass gegenwärtig Korporatismus (für dich übersetzt: Kapitalismus) herrscht.

    Der jetzige Wohlfahrtsstaat (d. h. mehr Staat) ist keine Lösung, den früher oder später ist auch er zum Untergang verdammt. Hier die Lösung bei mehr Staat zu suchen, ist ein fataler Fehlschluss.

    Alan Greenspan sagte dazu:
    „Der Wohlfahrtsstaat ist ein lediglich ein Mechanismus, mit welchem
    die Regierungen Vermögen der produktiven Mitglieder einer Gesellschaft konfiszieren. (…) Staatsverschuldung ist einfach ein Mechanismus für die „versteckte“
    Enteignung von Vermögen. Gold verhindert diesen heimtückischen Prozess.
    Es beschützt Eigentumsrechte.“

    Und deine schlechte Meinung von Ökonomen ist teilweise berechtigt, teilweise aber auch nicht. Es bringt nichts, alle über einen Kamm zu scheren. Wer Ökonomie nicht versteht, wird auch nie Politik, Geschichte etc. verstehen. Das sage übrigens nicht ich, sondern Ludwig von Mises, einer der größten Ökonomen des 21. Jahrhunderts:
    „Ob man es mag oder nicht, es ist Tatsache, dass die Hauptthemen der heutigen Politik rein ökonomisch sind und nicht verstanden werden können ohne ein Verständnis von ökonomischer Theorie zu haben. Nur derjenige, der mit den Hauptproblemen der Ökonomie vertraut ist, ist in der Lage sich eine unabhängige Meinung über die entsprechenden Probleme zu bilden. Alle anderen wiederholen lediglich, was sie irgendwo aufgeschnappt haben. Sie sind leichte Beute für demagogische Schwindler und idiotische Quacksalber.“

    Für alle, die nun gerne eine andere Sichtweise auf die Dinge kennen lernen wollen, denen empfehle ich das Buch „Das Kapital am Pranger – ein Kompass durch den politischen Begriffsnebel“ von Roland Baader. Da ist vieles von dem , was ich angesprochen habe, viel besser erklärt und leichter verständlich. Oder einfach auf meinem Blog Orwellsche Welt vorbeischauen…

    Gruß
    Eric

    • modesty schreibt:

      Vielen Dank, aber ich denke nicht, dass ich diejenige bin, die einen Kompass durch den politischen Begriffsnebel braucht: Erst behauptest du, Kapitalismus sei natürlich und völlig unideologisch, und dann versuchst du mir zu erzählen, dass sich hinter diesem Begriff allerlei verquere Ideologien verstecken, die eigentlich gar nichts mit dem richtigen und natürlich guten Kapitalismus zu tun haben. Und am Ende kommt immer dabei raus, dass Faschismus das gleiche wie Kommunismus sei. Und niemand, der deine Sicht auf die Dinge nicht teilt, könne überhaupt eine Ahnung von Ökonomie und damit auch von allem anderen haben. Da kann ich dich beruhigen: Kann man doch.

      Um einige Grundbegriffe („Geld“ „Kapital“ „Arbeit“ „Wert“ „Mehrwert“ „Freiheit“ „Eigentum“ und so weiter) zu klären, empfehle ich die Lektüre eines der bedeutendsten Ökonomen überhaupt, den die aktuelle Wirtschaftswissenschaft allerdings weitgehend ignoriert: Karl Marx, „Das Kapital“. Knochentrockene, extrem ausführliche Analyse. Echte Wissenschaft, völlig unideologisch. Es gibt also tatsächlich Ökonomen, von denen ich keine schlechte Meinung habe.

      Und noch etwas: Ich schreibe nirgends, dass ich Privateigentum für ein wichtiges Recht halte, das ich gern durchgesetzt sehen würde. Ich schreibe, dass Privateigentum derzeit durchgesetztes Recht ist, weil das einfach ein Fakt ist. Der private Unternehmer Schlecker beispielsweise kann sein Unternehmen privat vor die Wand fahren und die Angestellten, die sein Privatvermögen erarbeitet haben, der christlichen Nächstenliebe oder Hartz IV überlassen. Gut finde ich das überhaupt nicht. Ein erster Schritt in Richtung einer für alle aushaltbaren Gesellschaft wäre für mich, dass Produktionsmittel eben nicht Privateigentum von irgendwem sein dürfen. Mehr dazu in meinem Artikel Top-Ökonomen gehen die Argumente für den Kapitalismus aus.

  6. Tabul A. Raza schreibt:

    Eric,
    netter Versuch, aber was Sie schreiben ist keine ernst zu nehmende Meinung. In meinen Augen ist das eher Volksverdummung.

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