Pläne, Pech und Pleiten

Vor einigen Tagen habe ich zufällig in eine sehr aufschlussreiche Propaganda-Sendung geschaltet. Dargeboten wurde im „Ereigniskanal“ Phönix die mdr-Produktion Pläne, Pech und Pleiten von Lutz Rentner und Frank Otto Sperlich.

Im Vorspann wird gefragt: „Warum endete ein Land im Ruin, in dem es gute Fachleute und gute Ideen gab?“ und gleich im Anschluss gibt es einfache Antworten von echten Experten: „Diese Verflechtung von Machtapparat und praktischer Wirtschaft hat nur Kraft gekostet und Leute verschlissen“ und „die DDR hat permanent mehr verfressen als sie erwirtschaftet hat.“

Damit weiß man schon, in welche Richtung es im Folgenden gegen wird – natürlich ist der Zwang der Planwirtschaft grausam und allein der freie Markt das Mittel der Wahl, wenn man die Menschen glücklich machen, äh, die Wirtschaft zum Florieren bringen will. Das Ansehen der zweitigligen Dokumentation lohnt sich dennoch, denn es wird interessantes Archivmaterial gezeigt und man kann sich ja auch einen eigenen Reim auf die im Film genannten (und sicherlich auch korrekt recherchierten) Fakten machen.

Pläne Pech und Pleiten; Bildschirmfoto von meinem Fernseher

Pläne Pech und Pleiten – Bildschirmfoto von meinem Fernseher

So wird unter anderem erwähnt, dass die DDR-Bürger weit über 90 Prozent der verlangten Reparationsleistungen des verlorenen Weltkriegs leisten mussten, während die BRD-Bürger von den Hilfen aus dem Marshall-Plan profitieren konnten. Trotzdem schafften die Bewohner des sozialistischen Deutschlands ganz erstaunliche Aufbauleistungen. Trotzdem liegt auf der Hand, dass die richtungsweisenden Entscheidungen der SED-Führung nicht immer die richtigen waren, wobei man dafür nicht unbedingt die Idee der Planwirtschaft an sich verantwortlich machen kann – was so allerdings natürlich nicht gesagt wird. Im Gegenteil, anhand von Einzelschicksalen enteigneter Mittelständler wird vorgeführt, wie gemein die DDR zu Unternehmern gewesen ist, die dann entweder aufgeben und sich fügen oder in den Westen abhauen mussten. Wobei man hier fairerweise auch auf die traurigen Einzelschicksale gescheiterter Unternehmer im Kapitalismus hinweisen könnte – es ist ja nicht so, dass man in der freien Marktwirtschaft kein Unternehmen an die Wand fahren könnte, obwohl es hochwertige Qualitätsprodukte herstellt und sich auch sonst alle Mühe gibt. Aber handelt sich ja um eine Propagandasendung für die freie Marktwirtschaft.

Eine damals kursierende Anekdote bringt das eigentliche Dilemma der DDR-Planwirtschaft auf den Punkt: Als Computer und Kybernetik groß in Mode kamen, kamen die Verantwortlichen in der DDR natürlich auch auf die Idee, sich bei der Planung vom Computer unterstützen zu lassen. Also gab man sämtliche Kennzahlen und so weiter in den leistungsfähigsten Computer ein und wartete gespannt ab, was die reine Ratio des Elektronengehirns empfehlen würde. Der Computer riet: „Politbüro absetzen!“

Bekanntlich folgte man dieser Empfehlung nicht.

Hier sind die Links zu den Internetseiten:

http://www.mdr.de/doku/ulbricht128.html
http://www.mdr.de/doku/honecker258.html

In der Mediathek sind die Filme derzeit leider nicht zu finden, ich gehe aber davon aus, dass sie gelegentlich wiederholt werden.

Über modesty

Akademisch gebildetes Prekariat. Zeittypische Karriere: anspruchsvolle Ausbildung, langwieriger Berufseinstieg, derzeit anstrengender, aber schlecht bezahlter Job mit unsicherer Perspektive. Vielseitige Interessen, Literatur, Film, Medien, Wissenschaft, Politik, Geschichte, Gesellschaft, Zeitgeschehen. Hält diese Welt keineswegs für die beste aller möglichen, hofft aber, dass sie besser werden kann. Möchte gern im Rahmen der bescheidenen Möglichkeiten dazu beitragen.
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Eine Antwort zu Pläne, Pech und Pleiten

  1. doed schreibt:

    Habe die Doku auch gerade gesehen und mir kam die Wortwahl sehr negativ vor, sodass ich googelte und hier auf diesen Blog gestoßen bin. Der Grund für die Ablehnung des Marshall-Plans wurde nur völlig unzureichend und einseitig erklärt. Natürlich waren die Russen die bösen, die nur politisch Einfluss nehmen wollten. Der Marshall-Plan hätte das Einflussgebiet des Westens weiter ausgeweitet und diese Länder durch die Kredite und Waren abhängig gemacht. Der BRD wurde im Nachhinein ein großer Teil dieser Kredite erlassen. Hätte man das auch bei den Ostblockländer gemacht, die zudem wirtschaftlich schwächer waren? Natürlich ist das Fazit der Doku, dass die Marktwirtschaft viel besser ist. Dass es wie du schon erwähnst, auch Pleiten im Westen gab, interessiert keinen. Auch dass der westliche Block 1Mrd. Menschen umfasst, viel größeres Territorium mit Rohstoffen zur Verfügung stand und man einfach Jahrzehnte technologisch voraus war. Der Osten musste das mit seinen 500Mio. Bürgern erst einmal einholen.

    Die Anna Kaminsky ist übrigens von der Stiftung Aufarbeitung, da klingelt’s sicher bei einigen.

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